Schwarzbuch 2025: So werden Milliarden-Steuern verschwendet
Vom Leuchtturmprojekt zur Subventionsruine, von Ampel-Wirrwarr bis Opernsanierung: Quer durch Deutschland werden Steuermilliarden ausgegeben, die auf den zweiten Blick fragwürdig erscheinen. Ob Hightech-Anlage, Kulturdenkmal oder Stadtmöblierung – überall sollen Investitionen Zukunft gestalten. Doch nicht selten endet der Traum vom Leuchtturmprojekt in explodierenden Kosten und jahrelangen Verzögerungen. Der Bund der Steuerzahler (BdSt) dokumentiert jedes Jahr Fälle, die zeigen, wie aus guten Absichten teure Fehlschläge werden. Das diesjährige "Schwarzbuch" der öffentlichen Verschwendung lag t-online in Teilen vorab vor. Hier sind einige der aus Sicht des Steuerzahlerbundes größten und absurdesten Verschwendungen. Teure Träume für die Energiewende Northvolt-Pleite (Schleswig-Holstein) 621 Millionen Euro mussten Bund und Land an die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) überweisen, nachdem die geplante Batteriefabrik des schwedischen Herstellers Northvolt in Heide gescheitert war. Die Politik hatte sich von der Aussicht auf 3.000 neue Arbeitsplätze und die Nutzung von Windstrom blenden lassen, obwohl Fachleute vor der hohen Unsicherheit des Start-ups warnten. Heute ist die "Leuchtturm"-Baustelle eine Subventionsruine. Der BdSt kritisiert, dass die zuständigen Minister keine Konsequenzen zu fürchten hätten, da das Ministergesetz Amtshaftungsfragen ausklammere: "Dass Minister in ihrer täglichen Arbeit Entscheidungsfreiheiten brauchen, ist unstrittig. Doch dürfen diese nicht in einen Freibrief münden, der die Klärung von Schadensersatzansprüchen bei vermeidbaren teuren Fehlentscheidungen verhindert." Hybrid-Fähre "Welt ahoi!" (Lübeck-Travemünde) Fünf Millionen Euro kostete die moderne Auto- und Passagierfähre mit Hybridantrieb. Seit November 2023 liegt sie am Kai – wegen technischer Mängel war nur ein dreitägiger Probebetrieb möglich. Stadtwerke und Hersteller streiten über Nachbesserung und Gewährleistung, die letzte Kaufpreisrate ist eingefroren. Bis Redaktionsschluss war noch immer unklar, wie es weitergeht. Klärschlammvergasung (Koblenz) 17,5 Millionen Euro flossen in eine Anlage, die Klärschlamm in Strom und Wärme umwandeln sollte. Was nach einer guten Idee klang, entwickelte sich aber bald zu einer Investitionsruine. Denn es fehlt an genügend Klärschlamm, um die Anlage dauerhaft zu betreiben – fraglich, ob das in der Planungsphase nicht hätte auffallen müssen. Auch Personalmangel ist wohl für den Betrieb der Anlage ein Problem. Nach nur wenigen Betriebsmonaten steht die hochmoderne Technik seit Anfang 2023 still, verschlingt aber weiter rund 220.000 Euro Wartungskosten pro Jahr. Bauprojekte, die nie zu Ende gehen Opernsanierung Stuttgart Für die dringend notwendige Generalsanierung der Oper in Stuttgart war insgesamt eine Milliarde Euro veranschlagt – je zur Hälfte getragen von Land und Stadt. In der Sanierungszeit müssen neue Gebäude errichtet werden, die die Werkstätten und Verwaltung zwischenzeitlich beherbergen. Ein Ersatz-Operngebäude wird noch gesucht. Die Idee lautete, nach der Sanierung diese öffentlichen Häuser wieder zu verkaufen. Allerdings verzögert sich mittlerweile die Sanierung um mindestens vier Jahre. Inzwischen rechnet man aufgrund von steigenden Baupreisen mit Kosten von bis zu zwei Milliarden Euro. Der erste Vorhang könnte erst 2043 fallen. Die Kultusministerin plant nun, das Interimsgebäude kleiner zu bauen, um Kosten zu drücken. Brücke ins Nichts (Radeburg/Sachsen) 900.000 Euro kostete der erste Bauabschnitt einer neuen Autobahnanbindung. Danach fehlte dem Freistaat Geld, die Arbeiten an der S177 wurden gestoppt. Die Brücke steht seitdem nutzlos auf der Wiese, während über den Weiterbau – mit Gesamtkosten von mindestens 9,8 Millionen Euro – keine Entscheidung getroffen wird. Baumwipfelpfad Bad Iburg (Niedersachsen) Für die Landesgartenschau 2018 errichtet, verschlang der 600 Meter lange Pfad bis Anfang 2025 über 6,3 Millionen Euro. Denn mit der Errichtung des Pfads hatte sich die Regierung verpflichtet, den Pfad 15 Jahre lang zu nutzen. Allein die Planung verschlang 5,2 Millionen Euro, diese Summe konnte durch die Besucherzahlen bei der Laga nicht eingenommen werden. Seit Jahresbeginn pachtet ein privater Betreiber den Pfad. Trotzdem bleiben der Stadt Finanzierungskosten und Abschreibungen. Ein Versuch, Verluste mit einem Restaurant auszugleichen, endete 2023 ebenfalls im Minus. Bürokratie-Monster Aufspaltung des Lanuv (NRW) Aus dem Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz entstanden zwei neue Behörden. Bereits 2025 fallen 1,4 Millionen Euro Mehrkosten und 15 neue Planstellen an. Anstelle der erhofften Verschlankung zeichnen sich langfristig sogar steigende Verwaltungsausgaben ab. Bremer Polizeiquittungen Seit 2021 können Betroffene nach einer Personenkontrolle durch die Polizei in Bremen eine Quittung verlangen . Eigens dafür wurden eine App und 100 mobile Drucker entwickelt. Bilanz bis Mitte 2025: 32 digital ausgestellte Quittungen bei Gesamtkosten von rund 208.000 Euro – mehr als 6.500 Euro pro Zettel. Der BdSt kritisiert auch hier: Die Bremer Regierung hat ein Problem gelöst, das es nie gegeben habe. Dabei gebe es vor Ort genug echte Probleme, erklärt der Verband: "Bis heute ist die Polizei dort wegen fehlender EC-Kartenlesegeräte nicht in der Lage, Verwarngelder vor Ort bargeldlos zu kassieren, wodurch der Stadt jedes Jahr Einnahmen entgehen." Bundestagskosten bleiben XXL Trotz Wahlrechtsreform und Verkleinerung auf 630 Abgeordnete steigt der Etat des Bundestags 2025 auf über 1,2 Milliarden Euro. Der Grund: mehr Büroflächen sowie zusätzliche Räume für Ministerien und das Kanzleramt. So bekommt etwa jeder Abgeordnete künftig vier statt bisher drei Büros. Allein das Kanzleramt wird aktuell für 800 Millionen Euro erweitert und der Bundespräsident lässt gerade einen Interimssitz für 205 Millionen Euro errichten. Berliner Hauptstadtportal 60.000 bis 65.000 Euro jährlich plant Berlin für eine eigene Übersetzungssoftware auf den von der Landesregierung betriebenen Webseiten ein. Neben Deutsch sollen diese auf Englisch, Französisch, Türkisch, Arabisch, Russisch, Ukrainisch und Polnisch zugänglich sein. Dabei bieten moderne Browser längst kostenlose Übersetzungsfunktionen für Dutzende Sprachen an. Der BdSt kommentiert: "Das Berliner Abgeordnetenhaus hat sich mit einem Problem beschäftigt, das es überhaupt nicht mehr gibt." Man solle stattdessen Zeit in echte Probleme investieren. Kita-Kampagne Mecklenburg-Vorpommern Der Fachkräftemangel betrifft fast alle Kommunen, auch die Stadt Schwerin . 588.000 Euro wurden im Frühjahr 2025 für Plakate und Postkarten ausgegeben, um Erzieher zu gewinnen. Just in dem Moment, als wegen sinkender Kinderzahlen zahlreiche Kitas schließen und Fachkräfte gehen müssen. Das kritisiert auch der Kita-Landeselternrat MV zum BdSt: "Einerseits wird mit Steuergeldern um Fachkräfte geworben, andererseits werden pädagogische Fachkräfte, die bereits im System arbeiten und über langjährige Erfahrung verfügen, nicht weiter beschäftigt. Diese widersprüchliche Politik ist weder den Familien noch den Beschäftigten vermittelbar." Tausende Euro für Kuriositäten Radverkehrsinseln Fuldabrück (Hessen) Ein 7.000 Euro teures, mit Bäumen bepflanztes Hindernis auf einer gefährlichen Straße zwingt seit März 2025 Radfahrer auf einer steilen Straße zum Abbremsen und Ausscheren. Die Gemeinde bestreitet ein erhöhtes Unfallrisiko, ein Rückbau sei "zu teuer". Dabei hätte man von vornherein an die Radfahrenden denken können – und statt ein mit Bäumen bepflanztes Hindernis eines bauen können, das die Radfahrer befahren können, findet der BdSt. Doppelampeln in Rheda-Wiedenbrück (NRW) Für einen Radweg installierten sieben beteiligte Behörden eine "Lichtsignalanlage": faktisch zwei Ampeln im Abstand von nur 20 Metern. Die Stadt sagt: Eigentlich funktionieren die beiden Ampeln wie eine einzige. Weshalb dann zwei für nötig erachtet wurden, ist unklar – zumal die Mehrheit der beteiligten Behörden wohl an der Notwendigkeit der Ampeln zweifelte. Kosten: rund 47.000 Euro plus jährliche Wartung. Nachrüstungen wegen falsch bestellter Signalgeber schlugen zusätzlich mit 14.000 Euro zu Buche. Hollywoodschaukel Kassel 16.000 Euro für eine übergroße Schaukel, die nicht in die 2024 eröffnete Erholungsanlage "Park Schönfeld" blickt, sondern zur lauten Bundesstraße B3 ausgerichtet wurde: Das war kein Versehen, sondern Absicht. Die Begründung? Der Blick über die Straße zur Fuldaaue sei attraktiver. So heißt es in einer Antwort an den Bund der Steuerzahler: "[…] manche finden es lustig und winken den Autofahrern. Der Lärm wird selten thematisiert. Wer in einer Stadt lebt, hat sich vielleicht an den Anblick und die Geräuschkulisse von Verkehr gewöhnt." Fledermaus-Monitoring Kirchberg/Murr (Baden-Württemberg) Vier Zwergfledermäuse in einer alten Gemeindehalle, die abgerissen werden muss, lösen Kosten von über 40.000 Euro aus. Die Tiere stehen unter Artenschutz und müssen daher umgesiedelt werden, bevor das Gebäude abgerissen werden kann. Angebracht wurden also 22 Ersatzquartiere für 20.000 Euro. Damit aber nicht genug: Die Gemeinde muss ein fünfjähriges Monitoring für 21.000 Euro bezahlen, um sicherzustellen, dass die Tiere die neuen Quartiere auch annehmen. Erst danach kann die Halle abgerissen werden – frühestens 2027. Fazit Von Millionen-Investitionen in ungenutzte Technik über endlose Bauprojekte bis zu bürokratischen und skurrilen Kleinvorgängen: Diese 15 Fälle zeigen, wie politischer Ehrgeiz und fehlende Kontrolle Steuergelder verbrennen. Der Bund der Steuerzahler fordert strengere Wirtschaftlichkeitsprüfungen, verbindliche Kostendeckel und persönliche Verantwortung der Entscheider. Zudem sollte die Verhältnismäßigkeit der Anforderungen ständig überprüft werden, so der Bund der Steuerzahler. Nur mit klaren Regeln und mehr Transparenz lasse sich verhindern, dass Steuergeld weiter in Symbolpolitik und Fehlplanungen versickert.
