München: Königsplatz war 20 Jahre lang Parkplatz für Tausende Autos
Wo heute Menschen auf grünen Wiesen entspannen, parkten bis 1987 Autos auf Nazi-Granitplatten. Auch eine Tiefgarage unter Münchens bekanntestem Platz war kurzzeitig im Gespräch. Zwischen 1935 und 1987 war der Königsplatz in München mehr als nur ein geschichtsträchtiger Ort: Er war eine der größten Parkflächen der Innenstadt – mit bis zu 2.000 Autos täglich. Die Granitplatten, die das Regime der Nationalsozialisten als Aufmarschfläche verlegen ließ, wurden nach dem Krieg nicht entfernt, sondern dienten der wachsenden Autostadt als pragmatische Lösung für akute Parkplatznot. Erst später beendete ein Beschluss die Nutzung – und ließ die ursprüngliche Vision König Ludwigs I. wieder aufleben. Doch was machte den Platz über Jahrzehnte so attraktiv für Autos? Königsplatz München: Von der Marschfläche zum Parkplatz Als die Nationalsozialisten 1935 den bis dahin begrünten Königsplatz mit 22.000 Granitplatten pflasterten, war das Ziel klar: ein Aufmarschgelände im Zentrum der Stadt. Der massive Eingriff in die Stadtstruktur blieb nach Kriegsende bestehen. Wie das Münchner Stadtmuseum berichtet, nutzte man die versiegelte Fläche zunächst aus praktischen Gründen weiter: Die Granitfläche wurde wieder für den Verkehr geöffnet. Dann wuchs der Wohlstand – und mit ihm der Druck auf die Innenstadt. Mit dem Wirtschaftswunder der 1950er- und 1960er-Jahre explodierte die Zahl der Autos in München. Laut Daten aus der Schriftenreihe "Münchener Statistik" stieg der Kraftfahrzeugbestand von 1975 bis 1985 von etwa 410.000 auf über 570.000 Fahrzeuge – auch die Motorisierungsdichte stieg: Während 1975 noch 3,2 Einwohner ein Auto teilten, waren es 1985 bereits nur noch 2,2 Personen pro Fahrzeug. Asphalt statt Antike: Parkflächen ab 1961 Offiziell wurde der Königsplatz schon 1961 für den Autoverkehr freigegeben. Wie das Zentralinstitut für Kunstgeschichte dokumentiert, entstanden zuerst auf der Ost-, später auf der Westseite markierte Parkflächen. Mehr zu Relikten der NS-Zeit in München lesen Sie hier: Kunstaktion erinnert an Umgang mit Ruinen von Nazi-Bauten Wagen reihten sich zwischen den Propyläen, dem Staatlichen Museum für klassische Kunst und der Glyptothek. Die Propyläen, einst als Stadttor und Denkmal für die Befreiungskriege errichtet, und die Glyptothek, das älteste Museum Münchens mit einer Sammlung antiker Skulpturen, rahmten die neue Szenerie. Doch die Wirkung des klassizistischen Ensembles trat hinter der Funktionalität zurück. Aber konnte es eine Rückkehr zur ursprünglichen Idee geben? Schon kurz darauf gab es wieder Überlegungen zur Neugestaltung des Platzes. Zunächst war nur die Entfernung der Granitplatten im Gespräch, ab 1978 wurden auch Konzepte mit Grünflächen diskutiert. Sogar Pläne für eine Tiefgarage unter dem Königsplatz waren Teil der Debatte. Der historische Schnitt Das Jahr 1987 markierte schließlich die Wende bei der Nutzung des Platzes. In einem gemeinsamen Projekt der Landeshauptstadt München und des Freistaats Bayern wurde beschlossen, die Nazi-Bauten zu entfernen. Mehr Sicherheit, mehr Dialog: NS-Doku-Zentrum München wieder offen – das ist jetzt neu Die Granitplatten verschwanden – bis auf ein Exemplar, das heute als Mahnmal im Depot des Stadtmuseums liegt. Damit wurde der Ausgangspunkt für eine Neugestaltung gelegt, die Geschichte und Gegenwart wieder zusammenführen sollte. Laut Stadtmuseum wurde der Platz in der Folge nach Plänen von Hans Heid neu gestaltet. Die Orientierung erfolgte am Zustand des 19. Jahrhunderts – mit Rasenflächen, Kieswegen und ohne die frühere Verkehrsdurchfahrt durch die Propyläen. Der Königsplatz bekam seine räumliche Wirkung zurück. Heute erinnert kaum noch etwas an die Jahre des Parkens. Der Königsplatz ist wieder das, was König Ludwig I. als "Isar-Athen" plante: ein Ort der Kultur, von Museen umgeben, mit Grünflächen, auf denen Spaziergänger, Studenten und Touristen verweilen.
